Vor 111 Jahren fand Wilfrid Voynich das nach ihm später benannte sehr reichhaltig bebilderte Manuskript. Seltsam nur, dass die Illustrationen bisher nicht zur Aufklärung des Inhalts verwendet wurden und zudem wird ein religiös kirchlicher Inhalt verneint, als gäbe es im 15/16. Jahrhundert eine nicht von Gott bestimmte Weltsicht. Diese Ausgrenzung schafft erst das Mysterium von der Nichtlesbarkeit des Voynich-Manuskriptes. Im 111. Jubiläumsjahr ist es an der Zeit, die Illustrationen als hochverdichtete Informationsträger zu begreifen und die Bilder zu "lesen", so wie man die Bebilderung in Kirchen lesen kann, wenn man biblische Texte kennt. Unser modernes Wissen ist allerdings in Bezug auf die Bilder im Voynich-Manuskript wenig hilfreich, das haben die bisherigen Entschlüsselungsversuche der Texte hinreichend und eindrucksvoll bewiesen.
Sobald sich ein Befund aus der Vergangenheit nicht in unseren heutigen Bewertungsrahmen fügt, ist die Prä-Astronautik zur Stelle. Außerirdische Besucher haben dann ihre Spuren hinterlassen. Welche Hinweise außerirdischer Intelligenz wurden bereits im Voynich-Manuskript gesehen? Ich gehe dieser Frage nach.
Die Zahl 37 bekannt als „Das Konstruktionsgeheimnis des Stephansdoms“ findet man an exponierter Stelle auf der Rosettenseite eingezeichnet. Die 37 ist zahlenmystisch zudem eng verflochten mit dem Schöpfungsanfang der Bibel 1. Mose 1:1 und 1:2. Insofern kann man im Voynich-Manuskript tatsächlich lesen. Es wird deutlich, dass sich der Autor der rätselhaften Handschrift im Universum der Zahlen -und Buchstabenmystik bewegt. Für die Zeit nicht ungewöhnlich, die grafische Umsetzung in der vorliegenden Komplexität ist es aber allemal.
Manuskript MS 408 - Ein beeindruckendes Zeugnis der klassischen Kabbala
Sehr geehrte Damen und Herren,
seit 1969 verwahren Sie in Ihren Beständen das sogenannte Voynich-Manuskript, das Buch, das niemand lesen kann. Ein Umstand, der durch eine beeindruckende Zahl gescheiterter Schriftentschlüsselungsversuche über mehr als 100 Jahre hinreichend bewiesen ist.
Weshalb auf der Suche nach Sinn und Zweck des Buches die so surreal wirkende und opulente Bebilderung des Manuskriptes nicht herangezogen wird, ist unverständlich.
Im 111. Jubiläumsjahr der Auffindung des Manuskriptes durch Wilfrid Voynich ist es an der Zeit, sich den Illustrationen zuzuwenden, mit anderen Worten, die mysteriöse, uns so fremd vorkommende Bebilderung zu sehen und auszulesen.
Erste und wichtigste Voraussetzung hierfür ist es jedoch, sich von der unsinnigen Annahme zu verabschieden, dass das Manuskript in keinem religiös kirchlichen Kontext zu stehen scheint. Das im 15./16. Jahrhundert der vermuteten Entstehungszeit des Buches die Weltsicht ausnahmslos eine durch Gott bestimmten war, dürfte als gesichert gelten. Das Wirken Gottes war unumstritten. Man denke nur an Johannes Kepler (1571 – 1630) und seine Entdeckungen der Gesetze der Planetenbewegung. In seinem Verständnis waren die Gesetze der Ausdruck einer Weltharmonie, die der Schöpfer seinem Werk mitgegeben hatte.1
Stattdessen ist man bemüht, einen religiös kirchlichen Kontext Zusammenhang gerade nicht nachzuweisen,2 wodurch das Mysterium Voynich- Manuskript erst geschaffen wurde und in Beton gegossen scheint. Weshalb sollte ein deutlich sichtbares Christuskreuz zu sehen auf dem Blatt 79v, nicht auf einen religiös kirchlichen Kontext hinweisen? Auf dem Blatt 85r, eine mögliche Darstellung der vier Erzengel wahrzunehmen, wäre dann auch dem Weltverständnis der Zeit geschuldet, halten die Engel doch die ihnen zugeordneten Attribute (die Lilie für Gabriel, das Medizinfläschchen für Raphael und eine Kette für Michael, das Böse zu binden) in den Händen.
Unübersehbar ist die auf der sogenannten Rosettenseite der „Kosmologischen“ Sektion (Blatt 85r–86v)3 eingezeichnete linksdrehende Spirale, aus Buchstaben und Worten gebildet, ein bekanntes Schöpfungsverständnis, was hier zunächst keiner Erörterung bedarf.
Mit ebensolcher Leichtigkeit kann man weitere bekannte Symboliken auffinden. Auf der Rosettenseite sind dies Wolkenband und Strahlenkranz/Nimbus immer wiederkehrend auch in etlichen der gezeichneten Pflanzen. Die Darstellungen im Voynich-Manuskript können deshalb auch als Pflanzensymbole und Wissensbäume verstanden werden, sind somit nicht unbedingt botanisch-pharmakologisch zu bewerten, man bemühe in Sachen Wissensbaum nur den mallorquinischen Philosophen Ramon Lull (1232 – 1316). Sieht man sich weiter auf der Rosettenseite um, fallen deutlich gezeichnete Serpentinen ins Auge, die in eine Bergwelt führen. Hier scheint die seltsame
Geometrie aus Quadrat und Kreisen beheimatet und verankert zu sein. Im biblisch- kirchlichen Kontext sind Berge bekanntermaßen Orte der Offenbarung.
Auf den Seiten des Quadrates sind zudem Bilder zu sehen, die in der Bibel beschrieben werden. Erkennbar ist der gewundene Weg des Schuldbeladenen am Tag des Jüngsten Gerichts und gegenüber der gerade Weg des Gerechten zudem an das allseits bekannte Gleichnis vom Kamel und Nadelöhr erinnernd, wie auch mögliche Abbildungen von Paradies und Hölle.
Diese ersten Skizzen sollen genügen, um einen religiös kirchlich bestimmten Kontext des Voynich-Manuskriptes zu definieren. Um aber den Schlüssel in den Inhalt des Manuskriptes belegen zu können, ist es wesentlich zielführender, die Bilder zu analysieren, die sich eindeutig und unstrittig in der Literatur beschrieben auffinden lassen. Mit anderen Worten, den Nachweis darüber zu führen, dass der uns unbekannte Autor ein zwischenzeitlich fremdgewordenes Denken visualisiert hat.
Das betrifft in erster Linie die üppige Verwendung von Röhren, von denen das Voynich-Manuskript gleichsam durchflutet ist, lässt sich doch eine derart exzessive grafische Verwendung ansonsten nicht auffinden. Hiervon geht die eigentliche Faszination der Bebilderung aus, nackte Frauen die durch Leitungen und Röhren verbunden sind.4
Diese dem Manuskript eigene Symbolik ist für den uns unbekannten Autor so wichtig, dass ohne Röhren das Manuskript an Gehalt verliert. Das scheint auch der Grund zu sein, dass der Blick des Betrachters auf der Rosettenseite sofort auf eine Röhrenkonstruktion im Zentrum gelenkt wird, die aus 72 im Kreis angeordneten Röhren besteht, in 12 Bündel zu je 6 Röhren gefasst, so dass sich das Konvolut durchaus auch als eine mathematische Gleichung auslesen lässt, 12x6=72.
Will man den Sinn dieser Anordnung auflösen, ist unser Vorstellungsrahmen untauglich, das Wissen der alten Zeit ist zur Analyse unverzichtbar und hier rächt sich, dass das schriftliche Werk eines Athanasius Kircher (1602 – 1680) zur Inhaltssuche nie herangezogen wurde, obwohl er als Besitzer des Buches festgemacht werden konnte. In einem seiner Hauptwerke, dem Œdipus Ægyptiacus T.2,1 (Ed.1652-1654), bemühte sich Kircher bekanntermaßen, den Nachweis einer geheiligten, mystischen Philosophie zu erbringen. Zudem legte er Wert darauf, geheime Weisheiten auch grafisch zu präsentieren.
Dem Röhrenkonstrukt 12x6=72 gegenüber ist ein zweites auffälliges Konvolut aus 5 Röhren eingezeichnet, aus dem Buchstaben/Worte ausfließen. Beachtenswert bedenkt man die zuvor gesehene Buchstaben- und Wortspirale. Welches Denken tritt hier so brachial zutage. Was ist deren Geheimnis?
Bemüht man sich nur ein wenig und schaut bei Athanasius Kircher in seinem Œdipus Ægyptiacus T.2,1 nach, so findet man nicht nur seine überaus aufschlussreiche Bebilderung, sondern auch den entscheidenden Hinweis auf die vorgenannte Formel, schreibt er doch zu einem Rabbi R.Amorai und dessen Buch Bahir folgendes (Fotokopie):5
Athanasius Kircher benennt 12 mächtige Gouverneure und 6 Potenzen. Das Produkt hieraus ist 72. Weiterhin beschreibt er den aus 72 Buchstaben gebildeten Namen Gottes. Deutlich auch der Hinweis zum Sohar, dem Buch des Glanzes. Schaut man dort nach, findet man auch hier sofort die Formel: „…denn sechs mal zwölf ergibt zweiundsiebzig.“6
Wir können im Buch Bahir, dank einer Übersetzung von Gershom Scholem glücklicherweise selbst nachlesen, ohne uns durch das Latein eines Athanasius Kircher quälen zu müssen, da vor genau 100 Jahren, dessen Promotion zum Buch Bahir, dem „hellscheinenden Buch“ veröffentlicht wurde. Hier die Textstelle, § 63:
„Rabbi Amõrā saß und trug vor: Was bedeutet [I Reg. 8,27]:
„Sieh, die Himmel und die Himmel der Himmel fassen dich nicht"? Das lehrt, daß Gott zweiundsiebzig Namen hat, und sie alle hat er in den Stämmen bestimmt1), denn es heißt [Exod. 28,
10]:„Sechs ihrer Namen2) auf den einen Stein, und die übrigen sechs Namen auf den zweiten Stein", und [weiter] heißt es [Josua 4,9]: „Zwölf Steine stellte er auf". Wie j e n e
Namensteine3) waren, so waren auch d i e s e Namensteine, und auf zwölf Steinen sind es zweiundsiebzig [Namen], entsprechend den zweiundsiebzig Namen Gottes. Und warum beginnt er mit
zwölf? Dich zu lehren, daß Gott zwölf „Leiter“4) hat, und jeder von ihnen sechs Potenzen. Und welche sind das? Die zweiundsiebzig Sprachen.“7
Passgenauer geht es nicht. Die zentrale Signatur auf der Rosettenseite des Voynich-Manuskriptes kann überzeugend kabbalistischen Schriften zugeordnet werden, durch den Autor im Voynich-Manuskript einzigartig und beeindruckend visualisiert.
Im Zentrum der Rosettenseite ist grafisch umgesetzt, was als Vision – eine erneuten Einwohnung Gottes auf Erden im Buch der Könige nachzulesen ist. Man beachte hier die Fragestellung des Rabbi: “Was bedeutet (I Reg. 8,27):“ gleich zu Beginn des § 63. Die Dreiteilung der Grafik entspricht darüber hinaus auch der gängigen Vorstellung von Israel, Stadt und Tempel, auf die im Buch der Könige mehrfach Bezug genommen wird. Der Verweis auf die Namensteine Joshuas aus der Genesis bekräftigen diese Sicht deutlichst.
Und wer noch eines Beweises mehr zum kabbalistischen Motiv des Buches bedarf, der findet in dem zuvor erwähnten Konvolut zu 5 Röhren eine weitere sehr aufschlussreiche Belegstelle. In „Tore des Lichts“, einem der Hauptwerke Josef Gikatillas (1248 – 1325), dem wirkungsträchtigsten Vertreter der klassischen Kabbala, kann man Folgendes lesen:
„Bedenke wohl und sieh, dass das Geheimnis der 22 Buchstaben des Alphabets, durch deren Kombination alle die Märkabot und alle Heerscharen der Welt im Schmelztiegel der Binah / „Einsicht“ (III) geschaffen worden sind, dass dies das Geheimnis des ersten H(e) des Speziellen Namens darstellt,und sie hat die Buchstaben allesamt durch fünf Röhren geformt.“8
Die Sephira Binah ist exakt an der Stelle des sogenannten Sephirothbaumes, dem kabbalistischen Lebensbaum, aufzufinden, wie die Binah nunmehr auch auf der Rosettenseite als solche erkennbar wird und auch die kleine Burg mit den Schwalbenschwanzzinnen und der Wortspirale , als identifizierbarer Hort der Weisheit findet sich dann auch an der Stelle auf der Rosettenseite eingezeichnet, wo die Weisheit üblicherweise am Sephirothbaum ihren Platz hat, womit die sogenannten Rosetten als Sephiroth, Urziffern, Welten und Sphären identifiziert werden können. Nebenstehend die Abbildung des Sephirotbaumes von Athanasius Kircher (Systema Sephiroticum, Œdipus Ægyptiacus T.2,1 (Ed.1652-1654), Hachette Livre, Seite 288)
Das Voynich-Manuskript lässt sich in das Schöpfungsverständnis der klassischen Kabbala einordnen, insbesondere die extensive Röhrenverwendung, deren Verwendung sowohl im Buch Bahir wie auch in den Toren des Lichts beschrieben wird , so dass ich hier nicht weiter eingehen muss, da ich lediglich bemüht war, den Schlüssel in die verlorene Welt des Buches aufzufinden.
Das Neue Jerusalem zu beschreiben, die Rückkehr des Königs zu visualisieren ist naheliegend, Sinn und Zweck der Handschrift.
Werte Damen und Herren,
da sich zweifelsfrei die genannten Bücher in Ihrem Bestand auffinden lassen, können die angegebenen Quellen sofort nachgelesen werden. Alle Werke sind zudem im Buchhandel verfügbar.
Weshalb ist das alles so vergessen?
Diese Frage beantwortet Gershom Scholem:
„Der europäischen Judenheit aber ist diese Welt verlorengegangen. Die Wissenschaft vom Judentum, die sich um die Erkenntnis der Wesensart und Geschichte, um die historische Physiognomik des Judentums bemüht, ist bis auf unsere Generation ziemlich verständnislos an den Dokumenten der Kabbala vorübergegangen. Denn als die Juden in Westeuropa um die Wende des 18. Jahrhunderts den Weg zur europäischen Kultur mit so viel Entschiedenheit einschlugen, war die Kabbala eines der ersten und wichtigsten Opfer, die auf diesem Wege fielen. Die Welt der jüdischen Mystik mit ihrer ganz nach innen versponnenen Symbolik wurde nun als fremd und störend empfunden und schnell vergessen.“
„Jahrhunderte hindurch hatte diese Welt für das Selbstverständnis der Juden die größte Aktualität besessen. Nun versank sie gleichsam im Strudel der neuen Zeit, und zwar so vollständig, dass sie sich einem sachlichen Verständnis durch Generationen hindurch fast völlig entzogen hat.“
„Der Schlüssel zum Verständnis der Schöpfungen der Kabbalisten schien verloren. Ratlos und verlegen stand man vor einer Welt, in der es sich nicht so sehr um bündige Begriffe handelte, die man entwickeln konnte, sondern eben um Symbole von besonderer Art:“9
Gershom Scholem (1897 – 1982) Inhaber des Lehrstuhles zur Erforschung der jüdischen Mystik an der Hebräischen Universität Jerusalem, gilt als Wiederentdecker der Kabbala.
Ich verbleibe mit den besten Grüßen aus dem herrlichen Land der Sachsen
Peter Albach
Quellen:
1 „Johannes Kepler“, https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Kepler
2 „Lea Carl-Krüsi und Christoph Eggenberger , Ein Buch mit sieben Siegeln: Ist das Voynich-Manuskript ein Pamphlet der Bastarde für ihr Recht?”, https://www.nzz.ch/feuilleton/voynich-manuskript-ist-das-buch-mit-sieben-siegeln-ein-pamphlet-ld.1603999
3 „Kosmologischen“ Sektion (Blatt 85r–86v), https://de.wikipedia.org/wiki/Voynich
4 „Anatomisch-balneologische“ Sektion (f. 75r–84v)”, https://de.wikipedia.org/wiki/Voynich-Manuskript
5 Athanasius Kircher, Oedipus aegyptiacus. T. 2,1(Ed:1652-1654), Hachette Livre, S.273
6 „Sohar – Original Version, 20 Tezaweh Und du sollst befehlen “, http://www.kabbala-berlin.info/den-sohar-herrunterladen/
7 Gershom Scholem, Das Buch Bahir Ein Schriftdenkmal aus der Frühzeit der Kabbala, Aurinia Verlag 2008, S.64
8 Johann Maier, Die Kabbalah, Verlag C.H.Beck München, 2., durchgesehene Auflage. 2004 S.165
9 Gershom Scholem, Zur Kabbala und ihrer Symbolik, Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft, 6. Auflage 1989 S. 8